Sinn des Lebens

„Den größten Teil des Alltags leben wir nicht in der Gegenwart, sondern rufen uns Szenen der Vergangenheit oder der mutmaßlichen Zukunft vor Augen, um sie zu einen Sinnzusammenhang zu verknüpfen.

Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob diese Szenen selbst erlebt oder nur erzählt, gelesen oder im Film gesehen sind. Fiktionen werden von Menschen oft ebenso intensiv, mitunter sogar intensiver erlebt als die Realität.“ (aus: Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens von Richard David Precht)

„Die Fantasie stimmt ja meistens mehr als die Realität.“ (Martin Suter)

Kunst gegen den kapitalischen Menschenverstand (am Denkmal des unbekannten Künstlers)

Unser allerorts geliebter Kapitalismus produziert bekanntlich industriel massenhaft Dinge, die von Menschen mit geringem Einkommen (noch) gekauft werden können, wie z.B. das allerletzte Fußballtrikot zu einem „erträglichen“ Preis.

Exklusive Luxusprodukte werden dagegen oft individuell angefertigt und bei der Anfertigung werden sehr edle, teure Materialien verwendet, um den hohen Endpreis rechtfertigen zu können.

Tja, und dann gibt es noch mich. Jemand, der absolut individuell = künstlerisch mit schäbigen Pappen, welligen Papieren und oder beschmierten Zeug hantiert, und wie ich es empfinde, damit äußerst interessante Bilder kreiert. Bei mir werden selbst Lumpen scharlachrot.

Ich schaffe Bilder, die so aussehen, als hätte jemand darauf geschlafen und sich mehr als nur einfach vergnügt. Diese müsste ich eigentlich in einem sehr edlen Ambiente zur Geltung bringen. Bilder, die dem Wahn der Oberflächlichkeit gerne Hohn sprechen mit: „Sei dir der Sterblichkeit bewusst“. Vor meinen Bilder bräuchte & sollte sich niemand vor Vernügen auf die selbstoptimierten Schenkel schlagen müssen. Nachdenklichkeit reicht völlig… dies wäre auch ein passender Sinnspruch am Denkmal des unbekannten Künstlers. Oder – jetzt – auf meinem BLOG hier.

Zehnjähriges

Wie ich hierher gekommen bin? Nun, ich ging immer geradeaus, auf einer immens weitläufigen Kreisbahn entlang. Das bedeutete und bedeutet: ich schreibe und zeichne wie eh und je so vor mich hin, ziseliere den BLOG, überdenke so manches, nehme einiges auseinander, collagiere liebend gern neu – et voilà – schon sind zehn Jahre vergangen.

Fast wäre mir dieses Jubiläum (ich mache es nicht wirklich auf den Tag genau fest) entgangen… aber, was soll ich es leugnen, es ist so: zehn kurze Jahre habe ich bis dato auf dieser Seite meine Artikel hinterlassen. Am Anfang, ich weiß es noch genau, als ich dem virtuellen Leben ins Netz ging, hatte ich für mich selbst allenfalls eine sehr starre Webseite angedacht, mit fünf, sechs Rubriken von einzelnen Werkgruppen, mit nur je vier oder fünf Bildern. Solch ein Schaukasten-Format konnte einem melancholischen Sanguiniker wie mir allerdings nicht gerecht werden. Ein lieber Freund (Dank Dir Christian!) überredete mich dann zu meiner jetzigen Offenbarungsform

… eine Art digitales Tage- oder Lebensbuch; ein kieselgroßes, künstlerisches Schaffen in einen unendlichen Ozean geworfen… aus der Tiefe des digitalen Meeres rufe ich seitdem zu…?… zu wem auch immer. Aber ich möchte es selber so verstanden wissen, in den Worten Arthur Schopenhauers: „Begrabt mich wo ihr wollt, man wird mich finden.“

Ein Kiesel / träumt / ein Frosch zu sein / ein König

dazuliegen in einem Flussbeet, um erlöst zu werden von eine Hand, die durch die Oberfläche des Wassers bricht und den Kiesel tief berührt. Nur, dunkel alles, wird plötzlich wieder Licht. 

Es gab Zeiten, wo das reine, unverdorbene Wünschen noch geholfen hat. Das war eine Zeit der Träume, alle waren wir schön, und der oder die jüngste von uns allen war stets das schönste Geschöpf. Schöner noch als die Sonne selbst, die schon so vieles gesehen hatte. Sie verblasste geradezu vor der Schönheit dieser Zeit.

Unsere augenblickliche Gegenwart ist anders. Zwar gibt es immer noch Königskinder, und immer noch gehen diese vom Schloss hinaus in einen dunklen Wald, der unweit des Schlosses sich erhebt. In diesem Wald, unter einer alten Linde, dort ist, wie früher schon, auch heute noch ein Brunnen zu finden. Wenn heutige Königskinder Langeweile verspüren, gehen sie hinaus zu dem Brunnen und setzen sich auf seinen coolen Rand. In der Hand tragen sie alle eine smarte Königskugel. Deren Glätte ist die Signatur der Gegenwart geworden. Glätte ist geradezu unser aller liebstes Spielzeug geworden. Glätte verletzt uns nicht. Wir verspüren keinen Wiederstand. Solch eine glatte, wie auch goldene Kugel wird in die Höhe gehalten, die Königskinder betrachten sich zufrieden darin, ergötzen sich an der Inszenierung, aber langweilen sich paradoxerweise im selben Augenblick zutiefst. Vom eigenen Leben dermaßen gelangweilt lassen wir Königskinder (alle sind wir Königskinder!) das Smarte, das Göldene, das Blinki-Blinki in den Brunnen fallen. Wir blicken den Dingen hinterher, wie sie in den Brunnen stürzen, ein Brunnen so tief, dass wir keinen Grund sehen. Oder uns einen Grund vorstellen können und vermögen. Was diesen Brunnen von dem aus vergangener Zeit unterscheidet ist, dass der heutige keine Brüche mehr aufweist. Nirgends eine Abbruchkante, nirgends sind Risse zu erkennen. Er ist feinst geschliffen, geglättet, er ist designt. „Wow!“ sagen wir angesichts seiner glatten Oberfläche. „Wow“, stoßen wir aus, wenn wir Dinge in den Schacht fallen lassen. Auf eine nicht zu benennende, weil uns unangenehme Art und Weise, fühlen wir uns erleichtert. Nie soll man uns befragen: „Was hast du vor?“ Was könnten wir auch antworten? Vielleicht ein halbherziges: „Ich weine über meine goldene Kugel.“  

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von der WWWelt verrückt

Sei still und weine nicht. Ich kann wohl Rat schaffen. Aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielzeug wieder aus dem Brunnen hole? Fragt so ein Orakel? Eine körperlose Stimme? 

Königskinder würden alles versprechen. Sie würden lügen: „Was du haben willst… meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich trage, das alles geb ich dir.“ Wirklich? Das ins Innere Gefallene zurüchholen? Das, was in den Schacht geworfen wurde, weil wir uns erleichtern wollten, wieder anschauen?                                                                                                   Scheiße, nein! Das Innere soll doch Finsternis bleiben. Das Innere ist böse, das Innere ist kriminell und hässlich, es entbehrt jeglicher glatten Oberfläche. Es besitzt keine anbetungswürdige Oberflächlichkeit. So etwas wollen wir uns nicht in Wirklichkeit ansehen. „Deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine und auch deine goldene Krone, die mag ich nicht; aber wenn du mich liebhaben willst, so wie ich bin und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein… so will ich für dich hinuntersteigen und dir auch die goldene Kugel wieder heraufholen.“ So differenziert würde ich es eventuell zu formulieren versuchen. Wie dem sei, die Königskinder stimmen dem fraglichen Deal gerne zu, vergessen jedoch schnell wieder das zudem Verlangte. Sie wollen einzig und allein ihre Glätte zurück, denn nur diese Glätte vermittelt für sie ein angenehmes Gefühl. Ein Gefühl ohne Sinn, ohne einen tieferen Sinn. Über Geruch und Geschmack, darüber möchte man nicht nachdenken müssen. So etwas bleibt bei ihrem Kunstgenuss völlig ausgeschlossen. Das Glatte, das Angenehme ist, und dies sei hier kurz vermerkt, nicht gleich das „Schöne“ in der Kunst. Schönheit besitzt nämlich sinnliche Qualitäten. Das Glatte und Oberflächlige erschöpft sich in einem kurzen „Wow“. Das Glatte verbirgt nichts. Der Brunnen, um den es hier geht, er verbirgt/beherbergt indes einen Frosch. Einen König. In seinem Ur-Brunnen-Grund liegt eine andere Kunst verborgen. Und davon berichtet er gerne und recht freizügig, dies soll nicht verschwiegen werden…

Ganz genau…  „Das passiert, wenn das, was ich sage, ignoriert wird,“ unterstreicht der Frosch mehr als einmal und äußerst drastisch. 

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